Teil 16

Was der Minister nicht sagt: Selbst die Gelder, die schließlich bei der afghanischen Regierung ankommen, werden größtenteils für Ministergehälter in Höhe von Zehntausenden US-Dollar ausgegeben oder fließen in dunkle Kanäle. Auch die mächtigen Kriegsfürsten und Drogenbarone drangsalieren die Armen, um sich zu bereichern. Minister versuchen an Geld zu kommen, indem sie das Eigentum von Ministerien für sehr geringe Summen an ihre Verwandten vermieten. Der Verwandte wiederum vermietet dieses Objekt zu horrenden Preisen an ausländische Organisationen. Solche Fälle sind vielfach belegbar. Nur ein einziges Beispiel: Der Handelsminister Amin Aslan vermietet ein Gebäude seines Ministeriums an einen seiner Verwandten für jährlich 2000 Dollar Miete, wohl wissend, dass der Verwandte dieselbe Immobilie der US-amerikanischen Organisation „International Relief and Development Organization„ für monatlich 28.000 Dollar vermietet. Jeder weiß, dass er an dem Profit beteiligt ist. Sogar im Kabinett ist allgemein bekannt, wie mir befreundete Minister erzählten, dass jedes Ministerium seine eigenen NGOs hat, denen es Aufträge für große, profitable Projekte erteilt, wobei die Minister sich den größten Teil des Geldes in die eigenen Taschen stecken. Die Korruption reicht also bis weit in die Regierung hinein. Folgender Fall soll als weiteres Beispiel dienen: Im so genannten Nobelviertel von Kabul, Wazir Akbarkhan, gibt es ein Gebiet namens Shirpour. In den siebenundzwanzig Jahren, seit denen ich jetzt regelmäßig nach Afghanistan reise, habe ich immer beobachtet, dass dort arme Menschen auf staatlichem Grundeigentum Häuser errichtet haben. Dies ist seit etwa vierzig Jahren so. Zahir Schah, Dawud und sogar später die Kommunisten haben diese Siedlung immer toleriert. Doch unter der Regierung Karsai befahl vor zwei Jahren der damals noch mächtige Verteidigungsminister Fahim dem Polizeichef von Kabul, einem ehemaligen Mujahedin-Kommandanten namens Bashir Salangi, die Häuser der Armen mit Bulldozern niederzuwalzen und das Grundeigentum unter den Mächtigen des Landes, darunter auch Ministern, zu verteilen. Seine Begründung lautete, dies sei staatliches Eigentum. Interessant ist, dass dieses Staatseigentum unter Ministern, anderen mächtigen Kriegsfürsten und Drogenbaronen verteilt wurde, aber kein Cent in die Staatskasse floss. Auf dem Gelände entstehen zur Zeit Hunderte von – für afghanische Verhältnisse – palastartigen Neubauten. Zehntausende wurden vertrieben, damit einige wenige sich Paläste bauen können.


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