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Teil 31

Fazit

Fortgesetzte Verfolgung von Hindus und Sikhs

Im heutigen Afghanistan leben nur noch ca. 1.500 bis 2.000 Hindus und Sikhs. In Kabul sind es nach meinen intensiven Recherchen und Beobachtungen nicht mehr als 1.000 bis 1.300.

Aus dem oben Gesagten geht hervor, dass in der Tat die religiös motivierte Verfolgung von Hindus und Sikhs im heutigen Afghanistan asylrelevante Intensität erreicht. Hindus und Sikhs sind in ihrer Religionsausübung und kulturellen Identität in einem derartigen Ausmaß eingeschränkt, dass ihre Existenz als eigenständige Minderheit akut bedroht ist. Insbesondere muss der häufig getroffenen Einschätzung des Bundesamts widersprochen werden, die Regierung Karsai sei in der Lage oder bereit, Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung zu gewährleisten. An verschiedenen Punkten – keine Zurückerstattung enteigneten Besitzes, Verbot religiöser Zeremonien, Verweigerung der Unterstützung der Gemeinden in ihren Bildungsbestrebungen, Zwangsbekehrungen mit Rückendeckung der staatlichen Justiz usw. – wurde nachgewiesen, dass die Regierung Karsai die Hindu- und Sikh-Minderheit nicht nur nicht schützt, sondern sich aktiv an ihrer Verfolgung beteiligt. Insofern kann man für die Hindu- und Sikh-Minderheit tatsächlich von einer nichtstaatlichen wie einer staatlichen oder zumindest doch staatlich sanktionierten Verfolgung sprechen.

Des Weiteren wurde dargelegt, dass die Bedingungen, unter denen die Hindus und Sikh in ihren ehemaligen Tempeln leben, so katastrophal sind, dass eine Abschiebung in der Tat – so das Kriterium deutscher Gerichte – bedeuten würde, Rückkehrer „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen [auszuliefern]„.

Besondere Gefährdung für aus Europa heimkehrende Hindus oder Sikhs

Die Hindus hatten traditionell in der afghanischen Gesellschaft, die tief islamisch geprägt ist, mit Diskriminierung wegen ihrer religiösen Zugehörigkeit zu rechnen. Sie gehörten jedoch vor der Machtübernahme der Mujahedin zur Elite des Landes (siehe „Geschichte, Seite 5 ff.). Durch ihre Finanzkraft konnten die Gemeinden ihre kulturelle Eigenständigkeit wahren. Junge Leute erhielten eine moderne Bildung, von der – entsprechend dem religiös bedingt weniger eingeschränkten Frauenbild der Hindus und Sikhs - auch Mädchen und Frauen nicht ausgeschlossen waren. Diese reiche Elite jedoch war es auch, die nach der Machtübernahme der Mujahedin überhaupt die finanzielle Möglichkeit hatte, nach Europa und Amerika zu fliehen. Im Lande verblieben nur die Ärmsten der Armen unter den Hindus und Sikhs, die heute – ohne die Unterstützung ihrer einst reichen Gemeinden – ihre Existenz in den alten Tempeln fristen.

Dadurch, dass sie ihren Besitz verloren und flüchteten, hätten Exilanten aus Europa bei einer Rückkehr zum heutigen Zeitpunkt keinerlei Grundlage, sich eine neue Existenz aufzubauen. Und mehr noch: Nach jahrelangem Aufenthalt in Europa bzw. in Deutschland haben sie sich weiter entwickelt – durch die Erfahrung einer modernen Gesellschaft, die sie in ihrer Religionsausübung nicht behindert, einer freiheitlichen Ordnung. Speziell für die Frauen gilt, dass sie schon im Heimatland freier lebten und erzogen wurden als die muslimischen Afghaninnen; jetzt haben sie eine Gesellschaft erfahren, in der die Frauen gleichberechtigt sind. Beispielsweise haben sie erlebt, was die freie Wahl des Ehepartners bedeutet. Gerade die Frauen haben sich mit Sicherheit durch ihren Aufenthalt im Westen verändert; es wäre ihnen gar nicht mehr möglich, so zu leben wie die Hindu-Frauen unter den jetzt in Afghanistan herrschenden Verhältnissen, die oben ausführlich geschildert wurden. Die psychische Belastung bis hin zur Selbstmordgefährdung ist immens groß.